Zum Symposium 2015
entstandener Text von Jamil Gharibi »
Geschrieben von Jamil Jouda (Jamil Gharibi) /
aus dem Arabischen übersetzt von Dina EI-Ganayny
Written by Jamil Jouda /
translated from arabic by Dina EI-Ganayny
Eine kurze
Geschichte über Syrien
Das ist eine kurze Geschichte über das schreckliche Schicksal eines Landes, welches geografisch gesehen, nicht allzu weit weg von Europa liegt. Sie handelt von Syrien, das Land in dem verschiedenste Kulturen, Religionen und Weltanschauungen, seit tausenden Jahren gemeinsam leben.
Syrien, das Land über welches das Christentum nach Europa gelangt ist – das auch ein »heiliges« Land ist. Mehr als ein Viertel der Bevölkerung, dieses schönen und antiken Landes, ist nun zerstört, gestorben, verletzt oder vermisst.
Ein Drittel des syrischen Volkes musste fliehen und in den verschiedensten Ländern um Asyl ansuchen. Und der Rest der Syrer versucht seit über vier Jahren in diesem Krieg zu überleben. Wobei hier keine Unterschiede zwischen Alt oder Jung und Frau oder Mann gemacht werden. Der Krieg zerstört alles: Menschen, Häuser, Kunst, Geschichte, Tiere und Pflanzen … und die ganze Welt sieht seit vier Jahren meist tatenlos zu.
Niemand scheint diesen Krieg stoppen zu können. Wer hat noch nie etwas über diesen syrischen Krieg, von den Verletzten und Toten gehört? Wer hat noch nie etwas über die unzähligen Vermissten und Asylsuchenden gelesen? Wer hat noch nie etwas über die Menschen gehört, die den Weg des Todes gewählt haben, um vor ihm zu fliehen? Viele dieser Menschen ertrinken im Meer, ersticken in LKWs und sterben durch Hunger, Erschöpfung und Krankheiten … obwohl sie »nur« in ein Land einreisen möchten, in dem Frieden ist!
Das syrische Volk ist Opfer eines diktatorischen, brutalen Systems und Opfer von terroristischen und menschlich abgestumpften Organisationen. Ebenso ist Syrien Opfer einer untätigen Menschheit in der ganzen Welt, die nichts und wieder nichts dagegen unternimmt. Weltweit sehen wir nur egoistische UnternehmerInnen und politische EntscheiderInnen, die viele – nicht nur Syrien – Länder ausbeuten. Syrien muss einen sehr hohen Preis zahlen, wegen dieser Wirtschaftsinteressen und deren geopolitischen Strategien.
Wir fordern ein und bitten Sie alle uns zu unterstützen, diesen Krieg und die unfassbaren Zustände in Syrien zu stoppen. Wir möchten, dass was von Syrien übergeblieben ist, retten! Das ist für alle Menschen eine Prüfung, die uns zeigt wie menschlich wir sind!
Meine
Geschichte
Hört euch bitte meine tragische und schmerzvolle Geschichte an, wie ich zu einem Asylanten wurde und wie ich vor dem brutalen Krieg flüchten musste, während ich spüre, dass die ganze Welt einfach nur zuschaut. Nehmt euch ein bisschen Zeit, damit ich euch meine schicksalhafte Geschichte erzählen kann. Niemand von uns weiß, was morgen passieren wird, keiner weiß, was das eigene Schicksal in der Zukunft für sie oder ihn bereithält. Ich hatte ein wunderschönes Haus in einem schönen Land, welches am Mittelmeer liegt.
Wir waren eine friedliche Familie und hatten ein glückliches Leben. Ich ging mit meinen Freunden in den Park und in Kaffeehäuser, und wir haben neben dem Alltag viele Feste gefeiert. Neben meinem Haus stand eine Moschee und eine Kirche. In dieser Gegend stecken all meine Kindheitserinnerungen. Wie viele Menschen auf der Welt hatte ich Pläne und Wünsche für die Zukunft. Ich habe viel gelesen und geschrieben, ich habe gerne gelernt und ein Ziel von mir war es, mein Wissen und meine Lebenserfahrungen den Menschen weiterzugeben. Ich war sehr glücklich darüber, dass ich in meinem wunderschönen Land leben konnte. Innerhalb weniger Monate begann ich alles zu verlieren und der schmerzvolle Weg, verbunden mit der Begegnung mit dem Tod, begann.
Der Krieg hat mir meine, hat uns unsere Träume, unsere Familien, unsere Freunde und unsere Lebenslust genommen. All meine schönen Lebenserinnerungen und meine Hoffnungen auf ein Leben sind nun verloren. All diese Verluste zogen eine große Trauer mit sich. Jedes Familienmitglied meiner Familie ist nun in einem anderen Land. Wir sind nun an einem Punkt angelangt, wo es für uns keine Erwartungen mehr gibt. Aber dennoch – die Hoffnung stirbt zuletzt, Hoffnung auf Sonnenschein, Frieden …
Im Moment bin ich aber auch glücklich, dass mich und meine Landsleute so viele Menschen unterstützen und mit mir brüderlich umgehen – all das hilft uns und mir, das Schmerzhafte, Schwierige, Laute, das wir in der letzten Zeit erleben mussten, zu verarbeiten und neue Kraft zu finden. Dadurch werde ich hoffentlich selbst eines Tages in der Lage sein, vieles zurückzugeben oder dann auch anderen helfen zu können.
Biographisches zu Jamil Gharibi »
1965 geboren in Aleppo, Syrien, er lebte in Damaskus. Dort war er einerseits selbständig als Händler für Autoersatzteile tätig, andererseits schrieb er Artikel und Gedichte für div. Magazine und Zeitungen. Flucht aus Syrien begann vor ca. eineinhalb Jahren, seit Juni 2015 Asylsuchend in Österreich.