Schlagwort-Archive: Literatur

Siegmund Kleinl [AT]

Zum Symposium 2015
entstandene Texte Siegmund Kleinl »

  1. über fracht et cetera
  2. sie(h)
  3. »Zehn GeBo(o)tschaften an Europa«

über fracht
et cetera

einundsiebzig
vier kinder
acht frauen
neunundfünfzig männer
aus syrien
vom krieg vertrieben
von drei männern
zwei bulgaren
einem afghanen
in einen kühllaster
verfrachtet
auf der A 4
im burgenland
auf einem pannenstreifen
vierundzwanzig stunden
in einem luftlosen frachter
das aggregat
der zustand
acht frauen
vier kinder
in der
kühlbox
neunundfünfzig männer
ohne luft
vier kin
in der
acht frau
menschenfracht
nacht
in der kühl
sagkammer
jammer
vier k
acht fr
neunundfünzig m
auf dem laster
in der kühlbox Siegmund Kleinl [AT] weiterlesen

Gerhard Altmann [AT]

Zum Symposium 2015
entstandene Texte von Gerhard Altmann:


Ich bin Europa!

Mein Urgroßvater Leon kam aus dem Galizischen nach Wien. Aus dem Land Joseph Roths und der Huzulen. Von dort, wo die Zimtläden von Bruno Schulz geöffnet haben. Das Land der Städte Lemberg und Drohobytsch.
Sein Sohn Otto spielte bei den Wiener Symphonikern und am Stadttheater in Luzern. Die Töne seiner Rugieri waren Prunkstücke meiner Kindheit. Ich bin Europa.
Ich sitze in Zürich und erinnere mich an den Großvater, an seine Geschichten aus der Schweiz, wie er mit Motorrad und Frau auf den St. Gotthard fuhr: Gerhard Altmann [AT] weiterlesen

Reflexion Symposium 2014

»Offene Räume und unsichtbare Mauern«

Reflexion zum 14. Kunstsymposium
des eu-art-network

Text von Dr. Eva Kekou

Der Fall der Berliner Mauer bedeutete zweifellos eine neue Ära für Europa. Doch was, wenn man die Zeit vor deren Errichtung betrachtet? Wie wirkt sich die tatsächliche Mauer auch noch heute auf die nationale und politische Identität in Europa aus? Welche Situation finden wir eigentlich heutzutage vor, wenn sich kleine Mauern und Hindernisse manchmal sichtbar, manchmal unsichtbar bemerkbar machen?
Reflexion Symposium 2014 weiterlesen

Katharina Tiwald [AT]

Zum Symposium 2013
entstandener Text von Katharina Tiwald »


Sehr geehrte Damen und Herren,

ich –

jaja, wir brechen immer mit diesem Ich wie mit der Tür ins
Haus in die Umstände, in die Reden, auch in die amorphe,
ungestalte Gedankensuppe brechen wir ein mit unserem
Ich-Sagen. Wir wachen auf, morgens, und müssen uns das
Ich herbeikonturieren, uns wieder einfassen in ein Ich, uns
eingrenzen; uns als Ich erklären, bevor das mit dem Tagesgeschäft
wieder losgeht. Wir ichisieren uns und müssen
uns ichisieren.
Wir alle sagen Ich irgendwann. Milliarden Ichs ertönen in
der Welt, je nachdem, wo gerade die Sonne aufgeht, und
das Ich-Sagen breitet sich aus wie ein Lauffeuer. »Ich« ist
scheinbar ein einfaches Wort. Aber das ist ein
schnatterndes Ich oder ein
knatterndes Ich, ein
pfeifendes Ich, ein
ächzendes ich oder ein
verwegenes, verträumtes, zerhackendes, spielendes, gespieltes
Ich vielleicht.
Und die Nationen erwachen, jeden Tag. Sie erwachen, von
Osten kommt die Sonne, und da steht z. B. ganz Österreich
auf und sagt: »Ja, hallo, guten Morgen, ich bin Österreich.«
Katharina Tiwald [AT] weiterlesen